Foto Theresa Pewal Artist Portraits
Du kannst Tonnen an Make-up verwenden, um alles Schwarze zu kaschieren: deine Augenringe, deine Pigment/ Altersflecken, deine schwarze Seele. Für dein Gegenüber bleibt all das dennoch sichtbar. Ich hab knapp 27 Jahre gebraucht, um zu verstehen was für ein Wunder mein Körper ist. Ich bin nicht perfekt für irgend jemanden, aber ich bin perfekt für mich. Hier 8 meiner vielen Mankos:
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Ich habe viele Narben von den Abenteuern im Wald mit meinem Bruder und den Nachbarskindern.
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Ich habe zahlreiche Dellen an meinen Oberschenkeln und für den Großteil der modebewussten Konsumbevölkerung für unschön befundene Zitrusfruchtähnliche-Haut. Dass diese wiederum hässlich sei, haben auch wiederum murds gescheite Gurus so definiert.
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Ich habe viele blaue Flecken, immer wieder.
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Ich habe Sommersprossen, die sich besonders in der heißen Jahreszeit wie Heuschrecken vermehren und Altersflecken ähneln.
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Ich hab Naturhaar in der Farbe: Kärntner Mausgrau.
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Ich hab Haare auf den Ansätzen meiner großen Zehen.
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Ich hab eine Art dritte Brustwarze auf meinem linken Brustbein. Eigentlich ist es eine Mischung zwischen einem Leberfleck, einem Muttermal mit Warzenambitionen. Wirklich hübsch ist das nicht.
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Ich tendiere zu latent-permanent unreiner Haut, die viele SupermarktverkäuferInnen dazu aufruft mich beim Kauf von Spirituosen nach dem Ausweis zu fragen.
Hier meine Haltung zu den eben genannten 8 Punkten (Am besten nochmal doppelt lesen. Ist gut fürs Auge. Rauf-runter-rauf-runter. #augenyoga):
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Es war eine unfassbare geile Zeit, denn ich bereue kein einziges der Abenteuer. Jede Schramme/ Kerbe erzählt eine Geschichte.
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Ich liebe jede Delle, denn sie erinnert mich daran, wie oft ich zu lange an Arbeiten für mich oder Andere gesessen habe oder an Arbeiten für unterbezahlte Jobs. Und sie erinnern mich an den vielen Zucker und die fettigen Snacks, die ich mir deshalb aus Frust, Zeitmangel oder Unbewusstheit 10 Sekunden durch meine Speiseröhre gejagt habe und die nun mein Leben lang an den Hüften vor sich hin schwabbeln. Was wiederum bestens in mein konstruiertes Frauenbild passt, welches mehr Marilyn ist als Posh-Spice. 🙂 Was ich sagen möchte: Ich will aufhören meinen Körper mit so viel unsinnigen Nahrungsmitteln voll zu stopfen. Die Tage an denen ich ein „dickes Fell“ brauchte, sind vorbei. Es ist Zeit für ein leichtes, schönes Leben.
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Sie erinnern mich nicht so grob und hart mit mir umzugehen; mich zu lieben. Die blauen Flecken erinnern mich daran, dass es sanftere Wege gibt, um mit mir und meinem Körper ins Spüren zu kommen. Die Härte war lange Zeit wichtig, aber heute darf ich sie gehen lassen.
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…und die mag ich trotzdem sehr gern!
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Okay, ich geb‘ zu, ich hab mir mittlerweile blonde Strähnen machen lassen bei meinem einmal-pro-Jahr-Friseurbesuch. Sorry! Das bisschen pimpen musste sein. Ein bisschen glamour schadet nie!
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Alle Anti-Fuß-Menschen müssen jetzt bitte weg-lesen. Is so! Wäh!
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Aber sie ist halt Teil von mir.:-)
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Das ist immer das Indiz dafür, dass ich grad nicht ehrlich mit mir bin, nicht offen meine Gedanken ausgesprochen habe, dass ich zwischenmenschlichen Stress habe, die Sprache meines Körpers wiedermal nicht übersetzen kann (das kleine Übersetzer-Äffchen hat manchmal Urlaub oder isst grad Bananen und schaut sich alte Knight-Rider Folgen an) oder dass ich schlicht und einfach Punkt 2 (Ernährung) missachtet habe; grad wegen der Aufzählungen im vorherigen Satz. Und btw ich bin schon in einem Alter wo ich gerne jünger geschätzt werde. Abgesehen davon ist das mit dem Alter sowieso eine widersinnige Sache. Wir werden ja eh alle älter. Insofern…pfffff….what shells.
Foto Christine Kostner Photographie
Ich mache viel Sport, viel Spaß, ich springe gern in Regenpfützen bei massivem Platzregen, liebe den Wechsel zwischen Tag und Nacht, liebe es, knackigen Salat zu waschen und zu marinieren oder die selbstgemachten Käs’nudeln ins kochende Wasser zu werfen, während ich zu Thunder auf- und ab jumpe. Ich weiß wie es ist, sich mit 13 in viel zu weiter Kleidung zu verstecken, weil die coolen Jungs dir G’nackwatschn verteilen, weil du noch nicht ganz so viel „Vorbau“ vorzuweisen und/ oder zu viele Pickel hast und nicht die neuesten Jugend-Gadgets besitzt*, die ein Gefühl von Zugehörigkeit heucheln. Ich weiß was es heißt eine Diät nach der nächsten zu versuchen, wieder 0,5kg an Gewicht zuzulegen. Ich kenne die vergleichend-eifersüchtigen, sich selbst geißelnden Blicke, sobald ein schönes Mädchen deinen Weg kreuzt. Ich weiß was es heißt den eigenen Körper zu hassen und vor dem Spiegel stehend zu heulen.
Aber weißt du, die Lösung für ein gesundes Körperbewusstsein war – in meinem Fall jedenfalls – unmittelbar vor meiner Nase. Die ganze Zeit über. Ich Ich habe immer im Außen gesucht, verglichen, gehungert, übertrieben gesportelt, übertrieben gegessen, gegessen wenn ich glücklich, zufrieden, besonders strafend war; ich hab geweint, mich verkrochen, in viel zu weite Kleidung geschwungen, mich klein und unbedeutend gefühlt, ich war von Neid und Gier zerfressen, meinen Schlankheitswahn endlich in die Realität umzusetzen. Denn dahinter stand meine Phantasie, ich wäre dann ein liebenswerter, wunderschöner, absolut glücklicher Mensch. Die perfekteste, liebenswerteste, begehrenswerteste Version von mir. Kollidiert hatte diese Vorstellung mit dem Fakt, dass ich mein Frau-sein unglaublich abstoßend fand. Wurde ich doch erzogen, um möglichst hart zu arbeiten. Bis die Finger wund sind und dann nach Möglichkeit noch ein bisschen härter. Jeder Snack bedeutete einen Schritt rückwärts. Einen Schritt weiter weg von diesem Leben, dass ich irgendwann führen wollte. Ein Leben, dass ich so an mein Aussehen knüpfte. Mein Lebensglück, dass ich mit oberflächlichen Zielen zu erreichen glaute. Dabei war die Lösung immer in mir. Es ist mir wichtig, das nochmals zu betonen. Denn ich bin der Mensch/ die Frau, die ich immer im Außen suchte. Schon jetzt. Wie geil ist das denn?? Der Wahnsinn!!
Die Herausforderung war mich anzunehmen. All diese Jahre dieser Selbsthass, diese Zweifel, diese Sehnsucht auf ein nie eintreffendes Leben. Dabei war genau die Selbstliebe im Hier und Jetzt die Aufgabe. Dieser Körper pumpt täglich Unmengen an Blut durch Körper und Extremitäten. Dieser Körper reproduziert die gesamte Zellstruktur innerhalb eines Tages neu. Er reorganisiert sich bei Viren oder Keimen (alleine im Darm, man bedenke was da abgeht). Er sorgt dafür, dass die Schleimhäute in Takt sind. Er lässt mich träumen und wach sein. Er lässt mich sprechen, denken, fühlen. Was für ein Wunderwerk. Da wird es ja wohl nicht zu viel verlangt sein, diesen Körper ein wenig zu warten, ihm natürliche Nahrung, ausreichend Flüssigkeit, Ruhe und Liebe zu gönnen. Unglaublich, mein Hirn und Bewusstsein arbeiten 24h täglich, ohne Pause, ohne Updates oder Wartung! Ich denke „greifen!“ und meine Hände greifen. Ich denke „laufen“ – und ich laufe. Wie phantastisch ist das denn?
Foto Theresa Pewal Artist Portraits
Manchmal bin ich so glücklich mit und in mir drin, dass ich gerne alle 10 Sekunden auf die Knie fallen und Danke sagen würde. Ich bin ein Wunder. Genau wie du, lieber Mensch, der diesen Beitrag grade liest. Wenn Babies geboren werden, sind wir immer fasziniert. Wir sind stolz wenn sie lachen, besorgt wenn sie weinen, amused, wenn sie pupsen, erleichtert wenn sie die Windel prall füllen und klatschen euphorisch, wenn sie ihre ersten Schritte tun. Spätestens während der Pubertät hört die Begeisterung auf, und alles schwappt in Genervtheit – für alle Parteien – und knallende Türen über, sind da wo einst offene Arme waren nun verschränkte Arme, ob des Unverständnisses.+
Wir werden erwachsen und vergessen, dass wir das Wunder sind. Wir vergessen dankbar zu sein. Ich habe 27 Jahre vergessen dankbar zu sein. Und dafür schäme ich mich. Ich entschuldige mich täglich bei meinem Körper. In jeder Krise oder schwierigen Situation meines Lebens war – quasi als dramaturgische Draufgabe – mein letzter Gedanke: „Und ein fettes Schwein bist du auch noch!“ Wie krass ist das denn bitte? Keiner Freundin, keinem meiner liebsten Menschen würde ich je so harte Worte entgegen bringen. Aber bei mir selber konnte ich das ja so viele Jahre machen. Wirklich, du heiliger Körper, danke für deine großartige Arbeit Tag für Tag, Nacht für Nacht.
Ich weiß nicht, ob diese #bodypositivity ein statisches Bewusstsein bleibt. Ich denke nicht. Es wird immer wieder Tage geben, an denen ich meine Dellen im Fokus habe oder das Gefühl, meine Nase wäre irgendwie zu pompös. Aber diese grundlegende Dankbarkeit ist prinzipielll jeden Tag da. Und das war fast 3 Jahrzehnte Arbeit. Ich leibe meinen Körper. Wie er ist, ist er richtig. Ich verschwende meine Lebenszeit und -energie nicht länger, jemand zu sein, der ich nicht sein soll bzw. der ich nie sein werde aufgrund meiner größenwahnsinnigen Ansprüche an mich selbst. Denn niedriges Selbstwertgefühl ist wahrlich eine Sünde. Wir werden an 1 Tag geboren, wir sterben an 1 Tag. Es können große Dinge an nur 1 Tag geschehen. Warum also nicht heute, an diesem Tag entscheiden glücklich, dankbar und voller Liebe für den eigenen Körper sein? Lass es uns versuchen, lieber Mensch. Alles Gute dafür!
Deine innere Haltung macht dich lebenshungrig, freudestrahlend, unwiderstehlich verführerisch, echt. Wie geht’s dir damit? Womit haderst du? Was liebst du an deinem Körper – wofür bist du ihm dankbar?