Achtung – Lesen auf eigene Gefahr!
Hier folgt mein Geburtsbericht. Der ist unter Umständen nichts für schwache Nerven, da ich hie und da ins Detail gehe. Lange hab‘ ich überlegt – posten vs. nicht posten? Nachdem ich die letzten Monate auch zahlreiche Geburtsberichte verschlungen habe, denke ich, dass auch meiner hier der ein oder andern Frau da draußen die selbe Zuversicht geben kann, wie ich sie in den Berichten fand. Und, dass letztlich keine Geburt mit der anderen verglichen werden soll. Ein Lebewesen kreieren und gebären ist kein Wettbewerb. Letztlich gibt es für mich nur ein großes Fazit unter allen Geburten: Gib dich mit jeder Faser deines Körpers der Dankbarkeit und dem Urvertrauen hin, dass alles seine Richtigkeit für dich, dein Kind und euer Leben haben wird. Vertraue in dich, deinen großartigen Körper, dein smartes, kompetentes, intuitiv agierendes Kind! Ihr Beide erbringt Höchstleistungen. Frohes Lesen! Schön, dass du hier bist!
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11.08.2020 – 05.57 Uhr: Okay, DAS sind also Wehen. Verstehe! Kein Vergleich zu Senk- und Übungswehen (alias Brackston Hix Kontraktionen). Noch dazu kommen sie vorhersehbar, ungnädig, pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk alle fünf Minuten. Ich atme wie bei diversen Stimmbildungen gelernt und freue mich. Interessant. Die letzten Wochen fürchtete ich mich in der Stunde der Wahrheit schrecklich zu fürchten. Ich dachte, ich würde panisch werden oder ängstlich. Die Hormone in meinem Körper sorgen für Ausgleich: Ausreichend Oxytocin, Adrenalin und Endorphine, sodass ich mich so stark, leistungsfähig und bereit fühle wie nie zuvor. Das ist er also, der berühmte sich umlegende Schalter. Nie hätte mein Kopf es zu träumen gewagt, dass ein Kind in sich kreieren und wachsen lassen und an diesem Tage in stimmiger Kooperation in die Welt bringen so intiuitive Mechanismen in Gang brächte; Urkräfte mobilisierte. Einmal mehr verneige ich mich vor diesem schönen, großen Leben und dem, was mein Körper im Stande ist hervorzubringen. Ohne Verstand, ohne Grübeln, ohne Angst.
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Es ist 08.00 Uhr. „Mhmh, meinen Partner anrufen? Ja/ Nein? Don’t know“, sinniere ich vor mich hin. Am Samstag zuvor hatte ich ebenfalls fünfeinhalb Stunden Wehen. In der Nacht von Sonntag auf Montag wieder dreieinhalb Stunden. Aber alles mit XL Pausen und wie ich nun weiß zu wenig intensiven Kontraktionen. „Wårt ma bis 08.30 Uhr!“, denke ich entschlossen.
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08.12 Uhr: „Okay, das ist jetzt echt heftig“, sage ich mir, mich fünfmalig entleerend und zwischen Schlafzimmer und Toilette (inkl. in beide Türrahmen spreizend, die Wehen erfolgreich veratmend) kreißend…ähhh…kreischend. 🙂 Um 09.00 Uhr wage ich zu behaupten, dass drei Stunden regelmäßiger Wehen mit fünfminütigem Abstand ausreichend Anzeichen einer herannahenden Geburt seien. Schleimpfropfen (sprich Zeichnungsblutung) hatte sich bereits am Wochenende davor bemerkbar gemacht. Ein gallertartiger Schleimpfropf ging schon am SO vor zwei Wochen ab. Papa to be kommt nach Hause, stürmt zur Tür herein. Kreidebleich im Gesicht und außer Atem. Ich zwinge ihn zu essen. Er fragt, ob ich verrückt sei. Ich sage: „Ich steige nicht ins Auto, bevor du gefrühstückt und Wasser getrunken hast. Ich brauche keinen unterzuckerten Papa im Kreißzimmer. Mein Käsebrot hab ich auch grad hinuntergewürgt. Zwar nur einseitig getoastet, da bei der zweiten Scheibe eine Wehe kam und ich den Toaster verfehlt habe., aber immerhin, es is was im Magen. Der Tag wird lang! Iss was!“, befehle ich diktatorisch. Er folgt kommentarlos aufs Wort und nimmt meine Drohung ernst. Danach fahren wir ins Krankenhaus, ich sprinte am „Corona-Quizpoint“ mit dem eher genervten, aber doch irgendwie sympathischen Silberfuchs-Security vorbei und deute mit Händen auf den Bauch zeigend und breitbeiniger-O-Fuß-Gebärstellung, dass ich Wehen hätte. Er winkt mich durch. Die Lady an Schalter #3 mahnt mich, sie habe niemanden aufgerufen; ich solle eine Nummer ziehen; sie habe niemanden aufgerufen. Ich sage ihr, dass ich Wehentätigkeit habe und kralle mich in diesem Moment in das kleine Fensterbänkchen ihres Schalters. „Aua, that one was fieeeees!“, denke ich mir tönend ausatmend. Zack, ich hab’ allerhand Ausdrucke, Sticker mit meinem Namen sowie mein Krankenhausbändchen am linken Handgelenk und darf mich ins Kreißzimmer im 1. Stock begeben. Zu Fuß zwar challenging, aber ich schaffe das. Papa blitzt mit highspeed Tempo mit meinem seit SSW 32 gepackten Rollköfferchen um die Kurve der Schwangerenambulanz; sodass das Rad kurz aushebt. „Ach da bist du!“ – „Du musst leider hier warten!“. Er ist enttäuscht. Ich auch und der Knoten in meinem Kehlkopf schnürt sich fester und fester. „Egal, du gehst da jetzt hoch ins Kreißzimmer und rockst das“, denke ich neuerlich Endorphingeschwängert. Nach mehrmaligem Veratmen und Klingeln am Kreißzimmer wird geöffnet. Eine unglaublich liebe Hebamme to be (3. Ausbildungssemester) empfängt mich und legt mir das CTG an. Ich darf einige Zeit atmen, da liegen, diesen Tag fassen.
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10.15 Uhr: Dicke Tränen kullern über mein Gesicht. Eine zweite Hebamme mit reichlich Berufserfahrung und gütig-liebevollen Augen, die über dem blauen Mund-Nasenschutz hervorblicken begrüßen mich. „Na wer wird denn da weinen? Haben’s Angst?“ – „Nein, ich bin nur so glücklich. Der Herzschlag dieses Babies ist das schönste Geräusch, dass es gibt auf der Welt. Ich bin so glücklich!!! Das war schon bei den Untersuchungen so.“ – „Ach Gott, wie lieb. Da haben’s a Papier zum Schnäuzen.“
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Um 11.10 Uhr darf ich in mein Zimmer im vierten Stock gehen. Da darf ich bleiben und Weiteratmen. Eine gut erholte, strahlende Jungmama erwartet mich. Sie darf heute nach Hause gehen. Ich sage Hallo, danach verbringen wir eine Stunde wortlos. Ich atme so leise, um sie und ihr seliges Baby ja nicht zu stören. Ha! Typisch ich! Nur keinem zur Last fallen! Nur schön im Tarnmodus bleiben! 🙂 Irgendwann fragt sie, ob es mir eh gut ginge. Ich antworte mit einem geradlinigen „Ja, ja!“ und bewundere sie dafür, dass sie diese Stunden schon hinter sich hat und ihr gesundes Kind im Arm halten kann. Sie sagt, sie fühle mit mir. Ihr Gesicht verrät mir, sie weiß von welcher Art Schmerzen wir hier reden. Sie ist ultra lieb, einfühlsam und sendet mir etwas Trost spendendes mit ihren Augen. Das tut gut!
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12.15 Uhr: „Ich kann nicht mehr. Ich brauche bitte eine Infusion gegen die Schmerzen.“ – „Da müssen’s bitte wieder ins Kreißzimmer gehen.“ Seltsam, in Filmen wird man immer mit dramatischer Kameraführung, joggenden Ärzten mit fliegenden Kitteln in einem Helikopter eingeflogen oder mit Rettung + Blaulicht auf der Pritsche last Minute eingeliefert; dass die Leute am Gang fluchtartig nach links und rechts ausweichen müssen wie Grashalme beim ersten Schnitt im Sommer. Ich gehe zu Fuß auf und ab. Alleine. Keine Kamera, keine Ärzte. Aber mir reichen in Wahrheit eh die Wehen. Ich spüre, dass das schon seine Richtigkeit hat. In Bewegung bleiben ist eine goldene Regel beim Gebären. 🙂 Gebären ist MiIlimeterarbeit. Jede Bewegung, jedes tiefe Atmen hilft dem kleinen Bauchwunder in die korrekte Position zu kommen. Dafür würde ich alles tun, wie sich im Laufe das Nachmittages noch herausstellen würde. Außer Kopfstand hatte ich ziemlich jede akrobatische Atemposition. Die Minuten und Stunden vergehen, ich atme. Zunächst hauptsächlich am Rücken liegend. Wieder kommen Freudentränen. Durch die Jalousien und aufgrund des lauten Gepolters merke ich, dass ein Gewitter aufzieht. Bald haben wir alle Wetterlagen durch an diesem Tag und ich alle erdenklichen Schmerzlevel, Glücks- und Schauergefühle. So denke ich zumindest gegen 13 Uhr, ohne zu ahnen, was da noch auf mich zukommen sollte. 🙂 Die Wehen sind heftig. Die Hebamme fragt ob ich selbst oder sie für mich den Vater anrufen soll. Ich wähle für sie und bitte sie mit ihm zu telefonieren. Ich fühle mich schwach und bin zu sehr mit den Wehen beschäftigt.
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13.21 Uhr: Papa fetzt zur Tür herein, schnauft in den Mund-Nasenschutz, schnappt meine Hand. Ich weiß, dass alles gut werden würde! Was für ein schönes, sicheres Gefühl. Er ist mit dem Rad daher gesprintet, nimmt meine Hand noch ein wenig fester. Er quetscht meine Hand, jedes Mal, wenn die CTG-Kurve nach oben wandert. Beim dritten oder vierten Quetschen sage ich, dass ICH diejenige bin, die drücken darf…nicht ER! 🙂 Wir müssen beide schmunzeln, nein laut lachen und können es kaum glauben. Wir werden in wenigen Stunden Eltern und nichts wird mehr sein wie es war. Er spielt unseren ultimativen Elena-Song: „Heroes“ von Peter Gabriel (Orchester-Version). Ich muss wieder weinen. Bereits in der Schwangerschaft hat mich dieser Song so treu begleitet. Es ist so schön in diesem Ausnahmezustand hier mit ihm zu sein, diesem wunderschönen Lied lauschend, die Wehen veratmend, ihm tief in die Augen schauend; wohl wissend, dass egal, was die nächsten Stunden passieren möge – ALLES WIRD GUT! Es ist ein eigener Seins-Level auf dem ich mich befinde. Fast schon tranceartig-meditativ röchle ich wie eine brünftige Elchkuh ins Lachgas, dass auf die „Kindergeburtstags-like-Schmerzinfusion“ folgt. Beides sorgt eher für Honig im Kopf, als Schmerzlinderung in der Leisten-Beckengegend. Ist aber irgendwie amüsant, skurril, unbeschreiblich. Alles zugleich. Papa ist schwer amüsiert, weil ich so wirres Zeug brabble. Ich frage ihn zwei Mal in fünfzehn Sekunden, wie lange er schon bei mir wäre. Hat ein wenig was von fünf bis acht Gläser Prosecco in sechzig Sekunden trinkend. Entertaining aber sicher nicht betäubend. Normal und ruhig ausatmen geht nicht mehr. Die Hebamme in Ausbildung massiert meinen unteren Rücken (Michaelisraute) mit einem wunderbaren Öl. Hach, herrlich diese Linderung alle paar Sekunden in den Wehenpausen!
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14.45 Uhr: Der Druck nach unten, Richtung Becken und „nach hinten“ wird immens. Die Fruchtblase ist immer noch ziemlich prall und hat seltsamerweise nicht vor, sich selbst aus meinem Körper zu verabschieden. Die Hebamme gibt mir ruhig und sachlich Bescheid, sie würde sie bei der nächsten Wehe mit den Fingen aufplatzen lassen. Ich nicke benommen und röchle weiter. Gefühlt zwei Liter verlassen – wie eine prall gefüllte Wasserbombe beim Aufprall – explosionsartig meinen Körper, sprenkeln die liebenswerte Hebamme von oben bis unten. Sie ist komplett durchnässt und kontert mit einem pragmatischen: „Das hatten wir auch schon lange nicht mehr. Ich geh’ mich kurz umziehen!“ 🙂 Papa lacht lauthals. Ich werfe die Hände vors Gesicht und geniere mich ein wenig, obwohl mein erwachsener Kopf weiß, dass sie in ihrer Profession bestimmt schon vieeeel schlimmere Dinge, Körperflüssigkeiten und andere glibberige Innenschauen menschlicher – respektive weiblicher Körper – zu Gesicht bekommen haben müsse. Die Wehe nimmt ab, ich entspanne mich und muss schließlich auch schmunzeln und mit Papa mitlachen. Sehr schräge experience so eine Geburt. Was soll’s, von Kontrolle haben war sowieso von vornherein nie die Rede. Ich entspanne mich weiter, spüre allerdings die nächste Wehe sich nähern. Wir sind bei vier pro Minute.
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ca. 16 Uhr: „Wo kommt plötzlich die Ärztin mit Akzent her? Und dann ist da noch eine Dame/ Hebamme? Wo kommen die alle her? Ich hatte meine Augen bloß zwei Sekunden geschlossen. Egal, brauch ich nun halt 4-fachen Personalaufwand.“, denke ich irritiert. Alle motivieren mich zu pressen. Ich schaue zeitlupenartig und mit großen Augen in die Runde. Ich spüre wie meine Kräfte schwinden. Sie geben mir klare Anweisungen – Knie anziehen, Kinn zur Brust, pro Wehe kurze Schnappatmung – Pressen – kurz Ausatmen – jeweils drei Mal Wiederholen. „WHAT?“, denke ich verzweifelt. Ich höre ihre Worte, kann physisch aber nicht folgen. Fühle mich paralysiert. Ich schaffe nur ein Mal pro Wehe. Die Ärztin schmeißt sich auf meinen Bauch, will mich unterstützen. Sie sagt mir, dass meine Tochter bereits „Stress“ habe. Seit einer Stunde schon. „Huch, wir alle wissen, was ‚Stress‘ haben im Kreissaal bedeutet.“, denke ich. Ich bekomme Panik, hyperventiliere ins Lachgas und habe Angst, dass mein Baby das nicht schafft, wenn ich noch länger „herum eiere“. Ich schreie laut auf, drücke sie von meinem Bauch, bitte um Gnade; bitte es in meinem Tempo selbst versuchen zu dürfen. Der Wehenfördertropf schießt ein, sodass ich den Drang verspüre alles an Muskeln anzuspannen. Ich kann nicht anders. Alles muss raus! Wie bei den monatlich wiederkehrenden Jubel-Jubiläumsangeboten vom XXX-Lutz. Die Ärztin schmeißt sich wieder auf mich. Ich weine und schreie; bibbere wie eine Zweijährige, trotzig, am Rande des Wahnsinns, am Ende meiner Kräfte. „Ich brauch Schmerzmittel! Ich kann nicht mehr! Es tut so weh! Ich schaffe das nicht!“, meine ich laut heulend und mich im Geiste fragend, wann nun der Moment für die PDA wäre. Wie ich später erfahren sollte, war DIESER Moment seit Stunden verstrichen. Damned! Ich war der Ansicht eine Hebamme würde mit einem Tablet kommen, darauf ein ausgiebiges Schmerzmittel-Bedienfeld a la Systemgastronomie-Franchise-Bude. Individueller Schmerzmittel-Cocktail statt selfmade Bausatzburger quasi. Aber nix. Nada! Meine Wahrnehmung in diesem Augenblick = Tennisball große Öffnung (0) vs. Honigmelonen großer Kopf (1). Offensichtlich sind wir untenrum aber schon „weiter“. Das checke ich in meinem meditativen, schmerzbetäubt-ängstlichen Delirium nur nicht mehr. Papa ist der beste Motivationscoach den Frau sich wünschen kann: „Wir haben schon ganz andere Sachen geschafft. Du packst das! Pressen! Der Kopf ist schon sichtbar! Denk an die Malediven!“, ruft er volle Lautstärke. „Wieso die Malediven? Achso ja, wegen unserem Urlaub 2013, verstehe. Das war schön, ja und das Riff – SCH**** TUT DAS WEH!!! FUCK!!! ICH WEIß WAS IHR VON MIR WOLLT, ABER ICH KANN ES NICHT UMSETZEN!“, schreie ich, während ich kräftig in den Kopf statt in den Bauch, Anus, Uterus presse. Ahaha! Das muss ein lustiges Bild für die betreuenden Hebammen und die Ärztin gewesen sein. Wie durch ein Wunder setzt mein „Ich-kann-das-nicht!“-Kopf und Ego ENDLICH aus! Gut, dass das mal Pause hat, denn eine andere, viel viel stärkere Instanz in mir übernimmt das Ruder. Presst wie von Zauberhand nochmal selbstverständlich an. Ich spüre den Druck sich verabschieden, als der Kopf durchs „Golfloch“ zu sein scheint, es reißt noch ein bisschen was mit, das spüre ich genau, ist mir zu diesem Zeitpunkt aber egal.
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16.24 Uhr: Die Hebamme dreht die Schultern, ich presse nochmal mittelgradig motiviert – wirklich ein Klacks im Vergleich zum 37,5cm Kopf e voilà ich habe ein noch leicht bläuliches (aber in 3 Minuten zart rosé ) Baby auf meinem Brustkorb liegen, nachdem ich – die Frage „Wollen Sie sie haben?“, gar nicht zu Ende höre, sondern intuitiv mit beiden Händen nach ihr fasse. Die großen blauen Äugeln weit aufgerissen, mit dunkler Haarpracht und langen Fingernägelchen wie frisch von Friseur und Maniküre. So gar nicht verschmiert und zerknittert. „Papa, da ist sie! Hallo Elena! Ich liebe dich!“, flüstere ich, wohl wissend, dass ich mein Herz ab sofort außerhalb meines Körpers trage. Lebenslänglich.
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17 Uhr: Nachgeburt (Plazenta) – Check! Gyn-Fußstützen – Check! Alles montiert und eine halb motivierte Betäubung verabreicht, Nähprozess im Gange. Ich entschuldige mich nach wie vor bei Hebammen und Ärztin: „Ich wusste, was Sie von mir wollten, aber ich war so feige. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich konnte es nicht umsetzen. Es tut mir so leid! Danke! Sie haben tolle Arbeit geleistet!“ – „SIE haben tolle Arbeit geleistet! Bitte entschuldigen Sie sich nicht, Sie haben gerade ein Kind zur Welt gebracht. Sie hätten mich mal bei meinen beiden Geburten erleben sollen. Ich habe mich noch viel ärger angestellt bzw. mehr geschrien. Sie haben das schon gut gemacht.“, besänftigt mich die blonde Göttin in weiß. Ich bitte Papa um ein Stück vom Macadamia-Nuss-Bergsteigerriegel, während sie untenrum näht und Smalltalk macht. Elena liegt auf meinem Brustkorb, kommt langsam an. Ich bin selig. Papa an meiner rechten Schulter mit deutlich gerührt-geröteten Augen, Kind auf der Brust schon leicht nach dem Nippel suchend, ich endlich erleichtert und noch mit Becken und Co. ausgestattet. Dachte einige Minuten lang, da würde gleich alles ausbrechen.
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18.22 Uhr: Abendessen – Krankenhaus-Grießschmarren und Zwetschkenröster. In meinem ganzen Leben hat nie etwas delikater gemundet, als in diesem Augenblick. Wobei, nach 10,5 h Geburtsarbeit hätte ich (fast) alles gegessen. 🙂
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Fazit: Freude und Schmerz liegen nie so nahe beieinander wie bei der Geburt. Zwischenzeitlich bin ich ob des meditativen Zustandes außerhalb meines Körpers. Unfassbar! Unwirklich! Ganz woanders! Nicht mehr in diesem Universum. Nur noch Blitze, Lichtreflexe sehend, zwirbelnde Kreise wie bei der Darstellung unseres Universums, der Milchstraße, damals im Planetarium. So eine Geburt ist eine Limiterfahrung der besonderen Art. Irgendwo zwischen Sein und Nichtsein, weil der Schmerz so unsäglich intensiv und heftig ist, dass der Verstand längst nicht mehr mitkommt. Tja, das Leben erfahren wir nicht in seiner tiefsten Essenz, während wir auf das große Geld wartend, in Mangel und Opfermodus suhlend auf der Couch sitzen, uns stundenlang Insta-Stories famoser Influencer anschauen. Auch nicht, während wir neidisch sind auf die superheiße neue Freundin unseres Ex-Mannes, während wir enttäuscht sind, wegen der ausgebliebenen Lohnerhöhung, oder der nie da gewesenen Vater-/ Mutterliebe, oder weil das Auto einen Hagelschaden hat und die Versicherung nicht zahlt. Wir erfahren das Leben in Momenten wie diesem. Die Essenz des Lebens, die gesamte Basis dessen was Leben wirklich WIRKLICH ist, abseits unseres oberflächlich-materiellen Geplänkels. Während der Geburt bist du nicht du selbst und doch bist du DEINE reinste Essenz, reine Seele. Du bist echt, pur, unverstellt, uneingeschränkt, abgekoppelt vom üblichen Tagesbewusstsein, was ich als Segen empfand. Echter, intuitiver, originaler als an diesem Tag war ich noch selten in meinem Leben. Und zugleich merke ich, dass alle, wirklich alle Limits, die wir uns täglich hundert Tausende Mal setzen reine Illusion und Erfindung unseres Geistes sind. Hätte mein Geist gesiegt, wäre ich nicht mehr hier und Elena vermutlich auch nicht. Meine Seele hat diese Erfahrung gewählt und JA zum Leben gesagt, JA zu meiner Tochter. Erfahre das Leben – Umarme das Leben. Ich knie einmal mehr demütig nieder vor diesem großen Leben, bin dankbar, ein gesundes Kind empfangen haben zu dürfen, selbst gesund zu sein und mit einem so starken, großartigen Körper gesegnet zu sein. Und das Sahnehäubchen ist da dieser fantastische Partner an meiner Seite, ohne den ich diese Erfahrung nie gemeistert hätte. Ein Partner, der bereits in der Schwangerschaft so viel Vaterliebe spüren ließ, sodass wir Beide endlich heilen dürfen, wo wir nicht wissen und niemals erfahren haben wie es ist einen Vater zu haben; wie es ist, von einem Vater geliebt und unterstützt zu werden. Nun darf das heilen und das sprengt mein Herz erneut vor Liebe und Dankbarkeit.
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