Kennst du das? Es ist einer dieser Tage, an denen die To do’s dich erschlagen, dir dein Lieblingsoutfit plötzlich zu eng ist (vgl. Kleine Vorweihnachtstrolle, die nachts die Kleidung enger nähen.), es regnet in Strömen (Was du erst richtig merkst, als nach 50 Schritten außer Haus deine non-waterproof Lederstiefel bis zum Knöchel mit Wasser angesoffen sind.), ein Kunde/ dein Chef motzt dich an, deine inneren Antreiber liegen dir fürchterlich in den Ohren und sagen dir, wie scheiße du bist, du findest einen fiese Persönlichkeitsanteil nach dem nächsten und hörst nie und nimmer damit auf diese Negativspirale weiter zu füttern. Zumindest hebt dein positiver neuer Kunde mit einem energiegeladenen, Lob angereicherten Geschäftstermin bei super gutem Häferlkaffee deine Stimmung. Nur minimal – rund 0,05% – aber immerhin. Das ist nicht nichts. Und dann das!
Niemals hätte ich damit gerechnet, wollte ich nach dem Hoffnungsfunken freudigen Termin lediglich noch 3 – 4 Stunden weiter To do’s abarbeiten, wie einer von Henry Ford’s Lemmingen am Fließband. Wirklich unfassbar! Zauberhaft! Unerwartet! Den Tag um 180° aus den Angeln hebend und wieder in meinem Einhornuniversum voller Freude ansiedelnd:
Die wirklich schöne Kellnerin in meinem Lieblingskaffee – dem Parkhaus Klagenfurt – stellt mir aus heiterem Himmel ein mini Brötchen neben den Laptop. „Schau, ein bisschen was zum Schnabulieren für dich.“ Ich sitze da, lasse mich im gemütlichen vintage Lederohrensessel nach hinten fallen, lasse die Handinnenflächen langsam an den zerfetzten Armlehnen entlang gleiten. Ich bin fassungslos und stammle: „Ich habe ja gar nix bestellt!“ Zudem schießt mir ein kleiner Elektroschock ähnlicher Gedanke durchs neuronale System: Ich hab‘ nur noch € 3,70 in der Geldbörse. Mein Häferlkaffee kostet € 3,40. Wenigstens gehen sich noch peinliche € 0,30 Trinkgeld aus. Btw ist das mein dieswöchiges Arbeits- und Lebensbudget, was mitunter einer der Gründe meiner miesen Gesamtverfassung ist: Sieben Tage/ Woche arbeiten und trotzdem winken statt Euroscheinen nur halb verhungerte Motten aus der Geldbörse. Ganz traurige Augen haben die Motten, weil ich nicht mal die versorgen kann. Geschweige denn mich selbst. Ja, das Opfer in mir will wiedermal stark gefüttert werden. Dafür braucht es eben keine Euronen, sondern ganz wenig. Nein, gar kein Geld. Das Opferbad hatte hiermit ein Ende. Die Kellnerin mit den freundlichen Augen antwortet: „Is ja nur ein Koster, des passt schon!“
„Das passt schon?“. Der Wahnsinn. Wie lieb ist das denn? Ich bin begeistert ob der Großherzigkeit. Es ist nicht nur die Hälfte einer halben Semmel mit Butter, 4 Scheiben Haussalami, einem leckeren Stück Camembert mit Paprika-Pfefferpulver oben drauf; zusammengeheftet von einem Cocktailspieß, verziert mit einer Walnuß und zwei Heidelbeeren. Nein, ein 0-8-15 Brötchen ist DAS wahrlich nicht. Ich bin begeistert und fasse mir an den Kopf. All das Trara in meinem Kopf rund um eine dramatisch inszenierte Zirkusnummer mit angsteinflößenden Buchhaltungs-Hororclowns, Einrad fahrenden Tanzbären, die stetig das Lied von der scheiternden Selbständigen – meiner Wenigkeit – zum Besten geben und nicht zu vergessen mit einer Zirkusdirektorin in Gestalt einer meiner weiblichen Ahninnen, die mit erhobenem Zeigefinger, Frack und Zylinder (wenig feminin anmutend) und Frust besetztem Vorschlaghammer zum kompletten Persönlichkeits-knock-out ausholt, während sie sagt: „Ich hab’s dir ja gleich gesagt. Das wird nix!“ Bravo! Was für eine Inszenierung, die sich durch diese kleine, aber so feine, liebe und punktgenau dringend erforderliche Geste dieser jungen Frau in Luft auflöst.
Es braucht so wenig, um wieder Mut zu fassen. Es braucht so wenig, um Hoffnung zu spüren. Es braucht ein Lächeln – und eine mini Salami-Semmel, um mich wieder zu freuen. Aber in Wahrheit braucht es die Präsenz dieses lächelnden Menschen, die mich auch wieder lächeln lässt. Die mini Semmel ist ein nettes kulinarisches Goodie obendrauf. Menschen brauchen Menschen. Ich muss nicht jeden Kampf alleine ausfechten. Ohne dass sie wusste, wie sehr ich an diesem Tag kämpfte, hat sie mir sehr viel Gutes getan. Vielen Dank dafür du schöne, liebe Unbekannte! Ich freue mich, wenn wir uns ganz bald wiedersehen. Das tun wir übrigens ganz sicher bald wieder, weil ich ca. drei Mal die Woche im schönen Parkhaus bin. Meine unentgeltliche, aber menschlich überaus getragene Empfehlung hiermit also: Lass dich vom vintage Flair, dem schönen Lächeln und den leckeren Speisen (Mittagsmenüs sind sehr zu empfehlen) auch wieder zurück zur Freude führen!