Photo by the incredible Christine Kostner Photographie
Wer bin ich ohne Leiden?
Je älter ich werde, je deutlicher wird die Abhängigkeit und starke Identifikation hin zum Leiden. Damit bin ich nicht allein. Jahresenden haben immer einen ganz besonderen Zauber. Alle müssen die Buchhaltung fertig bekommen. Die Leute zählen ihren Lagerbestand wie verrückt, was den Verbrauch an Haftnotizzetteln exponentiell nach oben schnellen lässt. Manche werden ganz wehmütig, weil Enden einfach traurig sind. Andere sind ganz eifrig am Ausmisten und Loslassen. Respekt dafür. Und ich? Ich gehöre zu der Fraktion, die wieder Mal übers Leben, mein Wirken, meinen Sinn und Unsinn in dieser Welt nachdenke.
Auf intensive oder banalste Alltags Art ist Leiden Teil meines Daseins. Ob verbal oder ohne Worte. Leiden ist schon ein sehr leidenschaftliches Lebensmotiv. Es steckt ja in beidem der Wortstamm Leid, obwohl das eine Wort negativ konnotiert ist, das andere oft mit Sinnlichkeit, Erotik oder Pornographie assoziiert und LEIDer auch verwechselt wird.
Leid im Alltag
Ich begebe mich in die Selbständigkeit, um dann unter meiner nicht vorhandenen finanziellen Existenz zu leiden. Ich bewerbe mich für die Stelle als Sachbearbeiterin und leide dann Jahre oder gar Jahrzehnte unter den wiedersinnigen Vorgaben der Führung. Ich (also in diesem Fall steht das Ich mehr für Dich, weil ich ja noch keine Kinder habe, aber aus literarischen Gründen diesen Schreibstil gerade nicht aufgeben möchte) setze neues Leben in die Welt, um mich dann ihrem unerwünschten Verhalten als ohnmächtiges Individuum gegenüberzustellen und ihnen die erbrachten Opfer immer und immer wieder zum Vorwurf zu machen. Ich baue ein Haus, um dann Zeit meines Lebens nicht nur die Bank mit Geld, sondern auch meine Angst zu füttern.
Dabei habe ich manchmal das Gefühl, es ist eher die Angst vor dem Verlust von Angst und Leid, die so vernichtend auf mich einwirkt. Verliere ich meine Identität, wenn ich weder Angst noch Leid empfinde? Huch! Da muss ich mal tief durchschnaufen.
Das Leid wächst in mir
Ständig suchte ich – und vielleicht auch du – nach einem Schuldigen für mein Leid. Dabei spürte ich schon die ganze Zeit, dass es darum ging, keine Verantwortung für mich und mein Leben übernehmen zu müssen. Denn das macht scheiß Angst! Oh ja! Die größte von allen. Und ich meine nicht die Art Angst, wenn ich eine gemischte Kugel Pistazien-Zitroneneis bestelle, und innig darauf hoffe, nicht Schlumpfeis zu bekommen, weil die Kinder um die Eisdiele herum so laut plerren. Seltsame Metapher. Wieso denke ich jetzt an Eis, nur weil es Winter ist? Memo an mich selbst: Zu Silvester saisonal angebrachte Metaphern verwenden. Es ist beängstigend plötzlich für den eigenen Mist, der einem als Resultat eigens getroffener Entscheidungen womöglich widerfährt, verantwortlich zu sein. Ich wünschte mir oft, leiden wäre etwas Externes. Etwas göttlich auferlegtes. Etwas, dass mir andere Menschen antun. Jedoch bin und war ich selbst die Übeltäterin. Die ganze Zeit. Ich wünschte mir oft, Leiden wäre im Schlaf über mich hergefallen, damit ich mit einem resignierenden: „Nun ist es halt so!“ durch die Welt schreiten und Angst vor ihr haben könne. Ziemlich großer Denkfehler! Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.
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Falsch ist das neue Richtig
Wir Menschen machen Fehler. Ich zumindest mache täglich viele Fehler. Ich bin ja mit Fehlannahmen wie der eben beschriebenen nicht alleine. Bedenke: Es gab Zeiten, da glaubten enorm renommierte Ärzte und Gebildete mit dem Wortstamm psych in der Berufsbezeichnung, dass das Ansetzen eines Eisenstabes auf der Stirn psychisch kranker Menschen und das darauf folgende Einhämmern mit dem Zwecke der Zerstörung des Kleinhirnes ihre Symptomatik heilen würde! Bis in die 60er Jahre wurde so praktiziert. Die Menschen in weißen Kitteln wurden dafür gefeiert, anderen für pathologisch befundenen Menschen Hirn-Areale zu zerstören. Ist das zu fassen? Es gab eine Zeit, da meinte der Großteil der Weltbevölkerung, die Erde wäre eine Scheibe. Alle, die das Gegenteil behaupteten, waren Hexen, Scharlatane und wurden auf die grausigst erdenklichen Arten zum Tode verurteilt. Das war auch mal eine Realität. Die, die anderer Ansicht waren, waren falsch. Was ist, wenn Falsch das neue Richtig ist? Was ist, wenn das immer schon so war und das Richtig von gestern, heute schon wieder dermaßen falsch ist?
Erste Zusammenfassung des ablaufenden Jahres
Ich habe 2017 viele Freunde verletzt, aber auch Wunden gekittet; heilsame Worte gesprochen. Ich habe neue Menschen kennengelernt und sehr lieb gewonnen. Ich durfte wieder bei der Oper im Glashaus mitwirken. Wahnsinns Ehre jedes Jahr in Völkermarkt! Ich habe Fehler gemacht, jeden Tag mindestens drei. Ich darf wieder Musik machen mit den unglaublichsten Musikern, die ich im Laufe der letzten 12 Jahre kennenlernen durfte. ARTphonica nennen wir uns und ab Feber wird auch konzertiert. Ich habe mindestens 50 Dinge ausfindig gemacht, die ich überhaupt nicht gut kann. Ich habe geheult. Ich habe gelacht. Ich habe gelebt. Ich bin einen Halbmarathon gelaufen. Es haben einige Menschen diese materielle Welt verlassen. Es sind einige zauberhafte Engel in diese Welt gekommen. Sehr liebe Freunde von mir sind Eltern geworden. Ich habe diesen Blog – mein Herzens Projekt – ins Leben gerufen. Ich hab oft an meinem Dasein als Selbständige gezweifelt. Besonders als die Kohle immens eng war und BMF und SVA extrem wenig verständnisvoll.
Ich hab wieder einige Projekte an die Wand gefahren, weil ich selbst zu wenig klar war. Ich hab zu viele Dinge gleichzeitig angefangen und mittendrin gemerkt, dass die Überforderung immens steigt. Ich hab zu oft Ja gesagt – wie erwähnt, nicht wegen dem Größenwahn, mehr wegen dem Druck allen und allem gerecht zu werden/ alles alleine schaffen zu müssen. Ich hab erkannt, dass ich ICH sein muss; dass ich mein Leben leben dürfen muss und möchte. Ich sage JA zu mir und zur (Selbst-)Liebe. Ich sage: Lass uns die alten Verstehens-hypothesen weiter transformieren und näher auf uns selber zugehen!
HL Photography (Selbstportrait)
Noch mehr effiziente Meilensteine 2017 🙂
Ich hab mein Psychotherapeutisches Propädeutikum abgeschlossen, zwei funktionierende Beine und Hände. Ich hab’ Augen, die sehen. Augen, die wesentliche Informationen in mein Hirn übertragen und mich 2017 klar erkennen ließen in welchen Lebensbereichen und banalen Situationen ich mich sabotiere. Selbstkonzepte kommen in Gestalt getarnter Selbstsabotageakte ans Licht. Zum Beispiel als ich bei einer der letzten Autofahrten nach Linz – zum Propädeutikum – zum gefühlt Millionsten Mal die falsche Abfahrt nahm. Keine Neuigkeit ist, dass man mich 10 Sekunden in der Klagenfurter Innenstadt im Kreis drehen möge und ich mindestens 1 Minute brauchte, um mich an den Weg nach Hause zu erinnern. Und das sicherlich nicht aufgrund meines Drehschwindels, sondern meiner massiven Orientierungslosigkeit. Kein Scherz! So schlecht ist es bestellt um meinen Orientierungssinn. Neu war an dieser Erfahrung allerdings, dass eine innere Stimme ganz laut schrie: „Du musst hier raus!“ Eine Art Körperintelligenz oder nennen wir es muskuläre Konditionierung veranlasste meine Hände dazu, sich tief ins Lenkrad zu krallen und partout weiter zu fahren. Das war ja vielleicht eine schockierende Erfahrung! Ich musste gleich jemand Professionellen befragen; musste mich rückversichern, ob ich eh noch Kapitän auf meinem eigenen Schiff sei; fühlte sich das alles doch sehr weird und fremdbestimmt an. Kurz darauf überlegte ich ein bisschen nach dem Begriff Exorzismus zu googeln. Das ließ ich dann aber lieber sein, um nicht auf irgendwelchen schwarzen Listen geführt zu werden. You never know! DSGVO 2018 lässt grüßen! Wieder kurz darauf beschloss ich also die freak-out Kirche mal im wahrsten Sinn des Wortes im Dorf zu lassen.
Selbstkonzepte tendieren zu Bestätigung. Wer wäre ich, wenn ich plötzlich orientiert wäre? Das macht einer großen Instanz in mir Angst. Und der Angst in mir wiederum macht es Angst, wenn sie nicht mehr gebraucht würde. Error: Alarmlämpchen leuchten dunkelrot auf. Identitätsverlust bevorstehend?
Heute bin ich der Auffassung, dass hinter diesen Sabotageakten mehr Schönes von mir selbst verborgen ist. Seltsamerweise ist es ganz oft so, dass meine Intuition als milde aufflackernde Siegesfackel in die korrekte Richtung leuchtet und für den Bruchteil einer Sekunde in meinem neuronalen Netzwerk aufleuchtet. Kurz darauf, tue ich erst recht wieder das Gegenteil. Wäre echt mal spannend, das zu tracken. Falls du jemanden kennst, der jemanden kennt, der spannende Neurotestes durchführt: Ich bin eure Frau! Mein Selbstkonzept bestätigt also zwanghaft, dass ich die falsche Richtung wählen müsse, weil es ja meine Bestimmung ist, falsch zu liegen. Es muss einfach so sein und unter gar keinen Endzeit-Movie-Ausnahmezuständen darf es anders sein. So war es zumindest bisher.
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Ebenso verhält es sich mit Rechenaufgaben. Manchmal brauche ich alle zehn Finger und Zehen, um 2 + 7 zu addieren. Habe ich aber gar keine Zeit oder lenke diese tief verankerte Glaubenshypothese gekonnt ab, z. B. an der Kasse während ich mich eigentlich mit einer Freundin unterhalte, rechnet etwas in mir ohne mit der Wimper zu zucken 20% von den Orangen, 15% von der Milch ab und die Gesamtsumme. Allein durchs parallele auf den Bildschirm Schauen. Wieder eine krasse Erfahrung. Unser Bewusstsein ist auch ohne chemische Substanzen zu vielen schönen Dingen im Stande. What? Wie ist das möglich? „Ja, sie ist ein Scheidungskind und emotional offensichtlich in einem Ausnahmezustand. Quasi gelähmt. Mathematik und logisches, räumliches Denken werden nie ihre Stärke sein.“, höre ich einen ganz wichtigen Prüfer einer schulischen Kommission über meinen Kopf hinweg, weil ich mit 7 Jahren halt echt ein sehr überschaubarer kleiner Mensch war, zu meiner Mutter sagen. Damit wurde wieder eine Glaubenshypothese mit recht üppig-systemischem Aller-Welts-Blabla PU-Schaum in meinem Organismus verfestigt. „Aja, wenn die Großen das sagen, dann bin ich wohl eine Niete!“ Nachricht erfolgreich implementiert. Interessant, denn grad letztens hatte eine sehr liebe Freundin einen Persönlichkeitstest für ein neues Jobangebot auszufüllen. Als die fiesen Logikfragen an die Reihe kamen, bat sie mich mal mitzuraten und siehe da, ich hab’ die komplexen Variabel-Fragen zu x und y im Verhältnis zu z -3 verstanden. Zwar nicht ad hoc, aber ich lies die manipulative Instanz in mir gar nicht zu Wort kommen. Wir waren eigentlich im Gespräch und/ oder ich eigentlich am bloggen. Actually sogar für diesen Text hier, denke ich. Tadaaaa! Haben diese uralten falschen Verstehenshypothesen von mir keinen Raum oder schenke ich ihnen kein Gehör, gibt es da kein: „Du kannst nicht. Du bist eine Niete. Du schaffst das nie.“ #gefaelltmir_dirauch?
Nichts erwarten. Über alles freuen.
Ich habe festgestellt – und tue dies nach wie vor jeden Tag – dass so viele Annahmen über mich selbst, das Leben und über die Menschen um mich herum komplett falsch sind. Zumindest sind sie aus heutiger Sicht weniger falsch als gestern. Ich bin vielleicht keine versagende Selbständige, die vor 2,5 Jahren den Sprung aus dem Flugzeug wagte (ohne Fallschirm). Vielleicht war und ist es nur der hohe Anspruch an mich selbst und die Geduld. Hohe Ansprüche an mich selbst, sind wie Sprünge aus dem Flugzeug (ohne Fallschirm). Sie sind zum Scheitern verurteilt! So ist das mit den Erwartungen: Ich muss super erfolgreich, atemberaubend schön, ewig jugendlich,super skinny, total sozial angepasst sein, extrem intelligent, in meinen Fähigkeiten very breit aufgestellt sein, viele Kunden haben, wenig Arbeiten und dafür die Zeit mit meinen Boyband ähnlichen Lustzophen auf meiner Luxusyacht verbringen. Oder wenigstens muss meine Insta-Story das zeigen. #augenroll Dabei ist es neben dem hohen Anspruch immer nur die Ungeduld und meine zwanghafte Vorstellung von Welt, die einmal fertig sein sollte. In der einmal Stille herrscht. In der Projekte und To Do’s mal drei Tage Pause machten, damit ich wieder die Grenze zwischen Körper und externer Welt spüre, indem ich die Zwischenrippenmuskeln (oder wie nennt man die?) meines Brustkorbes beim tiefen Einatmen bewusst spüre und weit werden lasse. Das Leben ist nur leider nicht zum Stillstand gemacht. Es ist niemals nichts. Wirklich niemals! In keiner Sekunde ist das Leben nicht einfach nur nichts. Sehr ehrgeizig und töricht mein Anspruch mal etwas fertig haben zu wollen. Wenn Antreiber Geduld und seine königliche Majestät hoher Anspruch sich auf Silvesterkaffee träfen – überdacht von meinem beim Flugzeugsprung nicht vorhandenen Fallschirm – wären mein Dasein und Wirken einmal mehr zum Scheitern verurteilt.
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Viel geschafft, Liebe entfacht.
Tja, ein so schlechtes Jahr kann 2017 dennoch nicht gewesen sein, denn mein Herz schlägt immer noch. Fürs nahezu abgelaufene Jahr wünschte ich mir, einen konstruktiveren Weg dafür, meine Emotionen auszudrücken, als ständig ein körperliches Symptom zu entwickeln. Oder sie hinter einem ausgewachsenen Keim zu tarnen, weil ja angeblich eine Grippewelle umhergeht, oder ich ohne Kopfbedeckung laufen war. Das waren lauter Ausreden. Ich kenne mich mittlerweile gut genug. Immer, wenn auf sonstigen Ebenen meines Seins etwas aus der Bahn gerät, etwas nicht Raum haben darf (weil ich es mir verbiete) oder ich Dinge nicht klar benenne, Bedürfnisse nicht wahrnehme, übersetzt mein ziemlich schlauer Körper dieses Verhalten in ein Symptom. Das Grundmotiv habe ich auch dieses Jahr nicht abgelegt, aber zumindest habe ich es weiterentwickelt mit dem Effekt, dass ich es sofort begriffen und mich handlungsfähig gemacht habe. Ich habe mich nicht im Leiden gesuhlt, in meiner Ohnmacht verloren oder bin in einer Opferhaltung verhaftet geblieben. Nein, ich hab’ sofort die Holmes’sche Selbstfindungslupe aus der vintage Kommode gezückt und bin ins Reflektieren oder Meditieren übergegangen. Binnen Stunden hatte ich die mir selbst wutentbrannt, rücksichts- und verständnislos erhobene Faust zu einer offenen, unterstützenden Hand geöffnet und des Pudel’s Kern erkannt. Ganz klar und deutlich und ohne Geplerre. Ich habe ad hoc korrigiert, die Dinge klar an- und ausgesprochen und die Symptome mit meinem phantasievollen Zirkusäffchen in die hintersten Windungen meines Hirns zum Spielen und Dolmetschen geschickt. Was bei all meinem künstlichen aber echten Leiden, bei all der Opferpositionierung am Schönsten ist? Die Tatsache, dass ich in Momenten der Verzweiflung darauf verzichtet habe, ein mit bitterer Angst beträufeltes Zuckerwürfelchen in meinen Earl Grey Tee einzuwerfen mit der Botschaft: „Ein dickes Schwein bist du auch noch!“. So, jetzt ist auch das raus. Bei all dem Leiden, das ich mir dieses Jahr selbst beschert habe, kann ich zumindest auf ein stabiles, bewusstes, unglaublich liebevolles und energiegebendes Körperbewusstsein zurückblicken. Auf ein Ich-liebe-dich! mit Tränen in den Augen, weil ich es so meine und es mir leid tut, es so viele Jahre verabsäumt zu haben, mich zu lieben. Ein Ich-liebe-dich, weil dieses Leben ein so großartiges Geschenk ist, dessen Einzigartigkeit ich noch immer nicht ganz zu begreifen im Stande bin. Diese beiden Entwicklungen würde ich nicht nichts nennen:
- Gefühle fühlen und in Handlungen statt in Symptome übersetzen.
- Wahre Selbstliebe empfinden und mir täglich geben.
Zwischenfazit
Ich ent-täusche mich weiterhin über meine falschen Annahmen über mich selbst und die Welt. Denn wer möchte nicht auch entlassen werden aus einer Täuschung? Ich hoffe und bete innigst, dass meine Annahmen über mich selbst und Welt morgen ein bisschen weniger falsch und töricht sind, als heute. Ich nehme das Leben an. Himmel! Das schreibt sich wiedermal so leicht, aber diesmal meine ich es wirklich. Ich will das wirklich W-I-R-K-L-I-C-H! Ich widme 2018 der Leichtigkeit und dem weiteren Ausbau meiner Lebendigkeit. Nachdem mein Motto 2017 schon sehr wertvoll war und mich näher zu mir selbst und damit näher zu meiner Selbstliebe brachte, kann das unter Umständen auch mit 2018 was werden.
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Was ich außerdem am Bildschirm habe
Ich werde annehmen was kommt, weiter loslassen was weg kann. An dieser Stelle fällt mir besonders mein great-pretender-Gen ein, um’s mit Freddie Mercury’s Song im Hinterkopf zu beschreiben. Ich will nicht länger Ja sagen und Nein meinen. Besonders im Business erwische ich mich dabei täglich. Von allem macht LCC ein bisserl was, aber nix so richtig. Wenn ich daran denke, taucht auch mein Vater gedanklich wieder auf. Von allem ein bisschen was, aber viele Dinge ohne Herz oder Verstand erledigen. Arbeiten= Dinge lieblos abarbeiten. Ich sehe ihn auf Gegenstände, Tiere oder Menschen eindreschen, in der Hoffnung, seine Wut würde dadurch gestillt, äußere Gegebenheiten ins Gegenteil verkehrt oder Gegenstände wieder heil. Als hätte Zerstörung schon jemals Zerstörung verhindert. Als hätte Hass jemals Hass geheilt. Im Gegenteil! Was auch immer er versuchte dadurch zu verbessern, verschlechterte sich. Auch meine eigene Unachtsamkeit – mein Eindreschen auf meine (nicht) vorhandenen Fähigkeiten, Persönlichkeitsanteile, auf mein Wesen – führ(t)en stets zu Ineffizienz. Räusper! Ich verwende an dieser Stelle bewusst dieses betriebswirtschaftlich spröde Wort: Ineffizienz. Wie mein Vater, der auf den Traktor eindrischt und in aller seiner Wut und Ineffizienz glaubt, der kaputte Reifen wechselte sich von selber oder die Kurbelwelle schmierte sich wie von Zauberhand.
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Größenwahn, Besserwisser, Alleskönner?
In einer meiner Therapiesitzungen fiel vor Jahren mal der Begriff „Größenwahn“, was ich mir natürlich sehr zu Herzen nahm. Denn wer möchte schon Größenwahnsinnig sein, wenn er/ sie doch in Wahrheit á la Mutter Theresa Gutes in die Welt bringen und selbige von allem Bösen befreien möchte? 🙂 #mordsmäßigdezentesparadoxonundtrotzdemfreueichmichüberdieserundeformulierung). Nein, ohne Scheiß…ähhh ohne Scherz wollte ich schreiben! Pardon! Ich hielt mein Ich-kann-das-ich-mach-das-alles-ganz-alleine-und-super-zackig-gut-mit-10-Fehlern-und-in-sich-zusammenfallendem-Dachstuhl-weil-Häuser-konstruieren-muss-ich-ja-sicher-auch-noch-als-Draufgabe-alter-Schwede-Verhalten seither für Größenwahn. Dabei ist es aus heutiger Sicht – und da mag ich mich einfach ein bisschen weniger oder anders falsch sehen und in mir täuschen als gestern: Meine künstliche Isolation vor Menschen. Die verrückte Idee, ich solle in meinem Tarnmodus bleiben, bloß nicht um Hilfe bitten, ja nicht mit Anderen kooperieren. Denn ein vertrauensvoller Ort ist dieser blaue Planet ohnehin nicht. Das ist es leider, was Opfer zentrierte Abtreibungskinder wie ich versuchen. DAS ist meine eigentliche Täuschung: Tausche Größenwahn, gegen die neue Verstehenshypothese Allein-gegen-den-Rest-der-Welt! Verbündet nur mit mir selber und selbst mir selbst vertraue ich die meiste Zeit meines Tages nicht. Diese Hypothese darf 2018 gleich aufgebrochen und weiter entwickelt werden.
Und so konstruiere ich weitere meine Vorstellung von Welt, Realität, fixen Persönlichkeiten ab 30+, Fallschirmähnlichen Zelten mit Wärmestrahlern an den Füßen (und diese evtl. selbständig zu verkaufen – wieder etwas Neues, um noch ein bisserl mehr zu tun, als alle Anderen, oder als gut für mich wäre) und der wahnwitzigen Idee, einfach mal zu Sein. Das darf ich für ausreichend befinden 2018.
Bewusst wie nie
So viele Menschen blicken dieser Tage in den Himmel, hoffen das Beste, sind enttäuscht von sich, dem Leben, den miesen life events diesen Jahres. Manche heulen, manche lachen. Für manche war es das fulminanteste Jahr, für manche das fürchterlichste. Ich für meinen Teil kann behaupten, es war das bewussteste Jahr meines bisherigen Lebens. Das betrifft die schönen wie die schlimmen Momente 2017. Gefühlsmäßig würde ich sagen, es war Inhalt dabei, der eigentlich für 2 – 3 Jahre ausreichen würde. Alleine in zwei Wochen passierten Dinge, die mir das Gefühl gaben, alles dreht sich wieder um 180°. Wieder muss ich flexibel sein. Wieder muss ich alles über den Haufen werfen; mich neu organisieren. Wieder zerbricht etwas. Wieder habe ich Misserfolg. Wieder bin ich ineffizient. Dabei sortierte sich 2017 vielleicht einfach nur alles neu, wie das 1.000 Teile Puzzle zweier Schwäne, die ich als Kind mit meinen Brüdern zusammenbaute. Das war auch mega chaotisch, aber in Kooperation haben wir das hinbekommen. Wirklich beruhigend ist Chaos nie. Das ist wohl auch ein Grundprinzip im Universum, wenn ich an meinen Besuch im Planetarium zurückdenke. Aus dem Chaos entstehen neue, wundervolle Dinge. Der Schlüssel ist wohl die Hingabe zu diesem chaotischen, unsicheren Ort, den wir Leben nennen.
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Noch eine Metapher
Vielleicht gibt es kosmische Kräfte, ein paar Leute im Headquarter der Urquelle, der wir alle entspringen, die uns alle auf diesem Erdball in einer Break Dance Jahrmarkts-Attraktion schön ordentlich durch die Gegend zwirbeln. Im Låvanttal sagt man dazu „Ring’l G’spül“. Ich hoffe du weißt an dieser Stelle was ich meine? Von DIESEM ist die Rede. Noch krasser finde ich DIESES oder DIESES. Manche müssen sich davon übergeben. Ich zum Beispiel. Andere können sich dem total hingeben. Wieder andere holen sich ihren Adrenalin-Kick. Ich denke, niemand weiß was morgen ist, oder in zwei Stunden. Wenn wir so tun, als wäre unser blauer Planet das Gänsehaut fördernde Jahrmarkt-Dings, dass im Spiel mit physikalischen Grundprinzipien Horror Situationen kreiert, ist es vielleicht so, dass irgendwo doch jemand an den universellen Schaltknüppeln sitzt, Erdnüsse isst, sich lachend den Bauch hält wegen unserer menschlich verkorksten Art und Weise das Gezwirble auszuhalten. Vielleicht war das Leben einfach dazu gedacht, zu sein. Nicht dazu, so viele Interpretationen zu erfinden. Das Gezwirble ist einfach so. Mal intensiver, mal chilliger. Aber immer richtig, weil wir es eh nicht kontrollieren können. Wenn wir los ließen könnten wir alles ein wenig mehr genießen.
Aufräumen
Die letzten Tage habe ich meine Festplatte aufgeräumt. Nein, ausnahmsweise ist das mal keine Metapher für meinen verrückten Kopf. Naja, ich musste, weil mein Laptop wohl in den letzten Atemzügen ist. #hoffentlichlaesster michnichtimstich Bei vielen Fotos, die zwischen Lebensläufen, ganz klugen Excel-Tabellen und uralten Versicherungsteilzahlungsanträgen herum eierten, fragte ich mich, wer die Person auf den Fotos ist? Ich erkannte die 2013er, 2005er oder 1999er Version von mir gar nicht mehr. Es fühlte sich an, wie die Fotos eines anderen Menschen zu betrachten, der ein ganz anderes Leben führt(e). Ich hab’ das Gefühl, wir leben in Laufe eines Menschenlebens so viele Versionen von uns. Ich weiß nicht mehr, wie ich 2014 war. Manchmal weiß ich nicht mehr, wer ich letzte Woche war. Wichtig ist nur, wer ich jetzt bin. Das genügt. Das ist alles, was zählt. Ich weiß zwar nicht 100%-ig, wer ich heute bin. Aber ich weiß, dass ich gerade Jetzt sein kann. Nicht immer, aber immer öfter. Und dann ganz intensiv. Auch diese Fähigkeit würde ich nicht nichts nennen.
Erster Ausblick 2018
Vor lauter gib, gib, gib – ich will jetzt auf der Stelle erfolgreich sein, habe ich vergessen den Begriff Erfolg näher zu definieren. Abgesehen davon habe ich zu Beginn meiner Selbständigkeit, aufgrund massiver Selbstverliebtheit, vergessen zu definieren, ab wann ich überhaupt erfolgreich bin. Was ist eigentlich Erfolg? € 1.500,- netto pro Monat? € 3.000,-? Das zu tun, was mich lebendig sein lässt? Eine möglichst stabile Ego-Fassade, die Freunde, fake-friends oder ganz ganz wichtige Menschen, die potentiell ganz ganz wichtige Stakeholder für mich und mein Unternehmen sein könnten zu beeindrucken? Ein Schulterklopfer von Kunden, die sagen, dass ich eh super arbeitete? Ich denke, ein Erfolgsbewusstsein muss wohl eher in mir wachsen; aus mir kommen. Ich hab’ grad echt keine Vorstellung davon, was Erfolg für mich bedeutet. Memo an mich selbst: Für 2018 Erfolg definieren. Ganz ehrlich und ungeschminkt!
Effizienz. Einmal geht’s noch.
Immer nur zu leisten, heißt nicht immer effizient zu sein. Effizient zu sein bedeutet – lt. Lean Mangement zumindest – die richtigen Dinge zu tun. Effektiv bedeutet die Dinge richtig zu tun. Wenn ich immer nur blind links arbeite und leiste, um beschäftigt zu sein, oder wie mein Herr Papa auf Dinge oder Situationen einzudreschen, inwiefern hat das dann mit Effizienz zu tun? Mein Freud’scher Versprecher im Sommer 2017. Das war auch noch ein Highlight! O-Ton LCC im Kundengespräch: „Wenn es eines gibt, was ich total befürworten kann, dann ist es ineffizient arbeiten!“ Bist du deppert! Das klingelt nach wie vor mit weit über 85 dB in meinen Ohren! Message angekommen! All die Dinge, die ich hier erklärt habe. Ja, all das mit der Selbstsabotage und den Dingen mit meinem Vater, den Arbeitsmethoden meiner Großmutter. Was hat das alles mit Effizienz zu tun? Besser gefragt: Hatte diese Lebenshypothese jemals etwas mit mir zu tun? Und wenn Nein, kommt nun die wichtigste aller Fragen: Wessen Leben führe ich denn eigentlich seit 32 Jahren? #bam_dashatgesessen #erleichterungbreitetsichaus
Hoppla, da stürzen noch weitere Fragen aus mir heraus:
- Wer bin ich, wenn ich mich nicht verfahre?
- Wer bin ich, wenn ich keine Mathe-Niete bin?
- Wer bin ich, wenn ich mich nicht überfordere?
- Wer bin ich, wenn ich weniger Dinge tue; dafür aber die richtigen?
- Wer bin ich, wenn ich nicht sieben Tage die Woche arbeite oder ineffizient vorm PC sitze, in die Tasten haue, mir stundenlang DIY Tutorials zu Software anschaue, um ein bisschen gescheit mitreden zu können?
- Wer bin ich, wenn ich mal nicht fünfzehn Projekte zeitgleich erledige, wenn ich nicht überfordert bin und schnaufend dreißig Minuten zu spät zu den Treffen mit Freunden komme?
- WER BIN ICH, WENN ICH NICHT LEIDE?
….ich glaube die alles entscheidende Antwort auf diese seit Jahren offenen, die Angst schürenden Fragen ist: Ich wäre die schönste, freiste, liebste Version meiner Selbst in diesem Leben! Denn ich muss niemandem beweisen, dass ich leben darf. Ich muss nicht leiden, um zu leben. Ich muss mir das Leben nicht verdienen. Denn das Leben ist. Ich bin. Alles ist gut, in jedem Moment! Hach! Endlich Antworten! #soinlove #soreliefed
Photo by the incredible Christine Kostner Photographie
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Cheers to you! Cheers to 2018! Ein Hoch auf das Leben, die Lebendigkeit in unseren wunderschönen Körpern, die Leichtigkeit, die mich den Reichtum, der mich ohnehin schon die ganze Zeit umgibt endlich zu erkennen und anzunehmen.
Worauf trinkst du? Was ist dein Motto/ Thema für 2018? Von Vorsätzen wollen wir mal nicht sprechen, denn die sind, ebenso wie Regeln und XL-Tafeln Milka-Schokoladerippen dazu da, um gebrochen zu werden.
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