Es wird nie so sein wie woanders. Schöne Orte liegen meist unmittelbar vor unseren Augen. Wir sind bloß zu beschäftigt und nehmen sie daher nur am Rande wahr. Wir sind zu verärgert, zu sehr mit dem sinnesraubenden Tanz zwischen Vergangenheit und Zukunft belastet. In der Gegenwart sind wir selten. Reisen heißt jetzt zu sein. Ich bin es zumindest. Daher hör‘ ich auf zu verallgemeinern. Ich meine ich, wenn ich wir schreibe. 🙂 Die schönsten Dinge liegen oft so nah. Schöne Orte kann ich beim Sonntagsspaziergang entdecken, obwohl es meine exakte tägliche Laufstrecke ist. Es gibt stets neue Witterungen, variierende Menschen, andere Tiere, unbekannte Gefühle. Es ist also niemals nichts. Die fade Umgebung ist nicht fad, weil sie nichts zu bieten hätte, vielmehr, weil ich zu blind bin.
Ich lege auf Reisen viel Achtsamkeit in die Betrachtung der schönen Altstädte, gehe dankbar die magischen Strände auf und ab, genieße die koffeinhaltigen Heißgetränke in den charmantesten und abgewracktesten Cafés dieser Welt, begegne Menschen mit ihren faszinierenden Lebensgeschichten, bestaune die schillernden Skylines und die gewaltigen Berge, die uralten Bäume, die die sagenhaftesten Geschichten erzählten, hörte ich mal einen Augenblick richtig zu. Wenn ich dem gegenwärtigen Augenblick ein Maximum an Bewusstheit einhauche, gebe ich der täglichen Angst vor mir selbst, dem Anspruch zu genügen und dem Leben minimal Raum. Wenn ich reise, lerne ich mich selbst besser kennen. Reisen ist für mich immer eine Art Extrembelastung, ein ausbrechen aus gewohnten Mustern. Du hast absolut keine Ahnung, was auf dich wartet. Von der Begegnung mit Menschen, die dein weiteres Leben komplett aus den Fugen werfen sollen (positiv wie negativ), bis hin zum Schimmelbefallenen 0,5 Sterne down-grade Stundenhotel oder dem tief schürfenden Gespräch mit einem ägyptischen Taxifahrer, der in seiner Heimat eigentlich Geographieprofessor war und mir beim Heurigen ums Eck gern mehr über sich erzählen möchte, ist wirklich alles drin. Hach! Nicht zu vergessen, der glatzköpfige horny Brite, der mir auf der Maturareise am Ballermann (Ja, ich gestehe! 🙁 ) ins Ohr flüsterte: „You are such a strong woman!“. Kurzer break an dieser Stelle: Ich trage in dieser Szene eine beige, knielange Cargohose meines Bruders, ausgelatschte Klettverschluss-Badelatschen, ein weißes Snoopy-Top mit Spaghettiträgern und frisch geknotete Rasterzöpfe aus meinem schütteren Eigenhaar, sodass ganz viel Kopfhaut sichtbar ist. Die Kahlköpfigkeit ist lediglich durch ein paar Haarknotenwürschtel unterbrochen. Insofern schaue ich ein wenig aus, als hätte ich an einer gut entgoltenen Medizin-Testreihe mit schlechter Probanden-Aufklärung teilgenommen, um meine Maturareise zu finanzieren (aka Wer-würde-denn-so-etwas-verrücktes-tun-ist-es-heiss-hier-vor-dem-Laptop?). Nach diesem Statement beschließe ich, meinen green frog Cocktail zu genießen und mich dezent zu entfernen. Schließlich möchte ich die € 17,-, die ich als Ablasshandel (aka all-night Eintritt in drei der größten Diskotheken der Partyinsel) am Eintritt abgegeben habe, gut investiert wissen. Die zwei Strandtücher, vierzehn LED-Leuchtkettchen und zehn Werbegoodies kann ich kaum mehr tragen. Ich spiele lieber mit meinem Schwabbeldabbel-Leuchtdings und pfeife auf unaufrichtige, schlechte Anmachsprüche. Gut, dass ich die Cargohosen meines Bruders, mit den XL-Hosentaschen dabei habe. Kann man Leuchtdinger und Goodies gut verstauen.
Was passiert sonst noch so auf Reisen? Pass verlieren, Kreditkarten defekt, Stadtkarten falsch herum lesen, stundenlange Irrwege (Vergleichbar mit der Suche nach der korrekten Amtstür für Ausschankgenehmigungen am Wiener Magistrat), naiv lebensfroher Stadtspaziergang nach 16 Uhr (In Johannesburg/ Südafrika eine wirklich schlechte Idee), mit der Sonnenliege im Wasser wieder aufwachen (Bei Flut auf den Malediven auch eine spannende Erfahrung), eine Dose Astra unabsichtlich durch den Hamburger Flughafen schmuggeln wollen und die Situation mit einem pseudo-lässigen Spruch nur schlimmer machen, Bombenalarm auf dem Bahnhof Reims/ Frankreich und dennoch Seelenruhig am Ticketschalter ein Bahnticket lösen wollen. Was ganz besonders gut gelingt auf Reisen ist: Frei sein & Loslassen.
Woanders ist es schön, stürmisch, verzaubernd, Persönlichkeitsbildend und -erweiternd. Und irgendwann ist dieser Schritt ins Ungewisse so betörend schön und selbstverständlich, dass ich auch an anderen Veränderungen – zu Hause und in mir – Freude habe! Weißt du, die kleinen Abenteuer im Alltag wie beispielsweise das Wiener Wäsche Waschen in der abgefucktesten Porno-Rotlicht-Meile, die du dir in deinen kühnsten – so gar nicht erotischsten – Träumen vorstellen kannst. Diese Schritte in ein unbekanntes Abenteuer steigern mein Gefühl von Lebendigkeit. Reisen öffnet meinen Horizont, steigert mein Wissen und mein Gefühl für Schönes. Das und vieles mehr, vor allem die für mich bedeutendsten Eindrücke, gibt es in dieser Rubrik zu lesen und zu sehen.
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